Tierversuche an der Universität Bern

Bewilligungspflicht

Forschende, die eine wissenschaftliche Fragestellung mit einem Tierversuch beantworten wollen, brauchen eine Bewilligung. In das Verfahren sind verschiedene Gremien auf Stufe Universität, Kanton und Bund involviert, die sich gegenseitig kontrollieren. Damit soll sichergestellt werden, dass Tiere vor unnötigen und ungerechtfertigten Belastungen geschützt werden.

Schritt 1: Alternativen prüfen

Als erstes prüfen die Forscherinnen und Forscher, ob ihre wissenschaftliche Fragestellung auch mit tierfreien Alternativmethoden beantwortet werden kann.

Schritt 2: Gesuch schreiben

Kommen die Forschenden zum Schluss, dass es keine tierfreie Alternativmethode gibt und ein Tierversuch unverzichtbar ist, müssen sie dies in ihrem Antrag belegen. Kernstück des Gesuchs ist die Güterabwägung: Die Forschenden müssen anhand fester Kriterien darlegen, dass der Nutzen für die Gesellschaft durch den Versuch die Belastung der Tiere rechtfertigt. Zudem müssen sie aufzeigen, dass die Tiere nach aktuellem Kenntnisstand angemessen gehalten und behandelt werden, wie stark sie belastet werden und was getan wird, um die Belastung der Tiere so gering wie möglich zu halten. Weiter müssen sie belegen, dass sie die kleinste Anzahl Tiere einsetzen, die für statistisch aussagekräftige Aussagen notwendig ist. In dem Gesuch müssen die Antragstellenden zudem belegen, dass sich die gewählte Methode unter Berücksichtigung des neusten Stands der Kenntnisse eignet, das Versuchsziel zu erreichen, und darlegen, wie sie die generierten Daten auswerten wollen.

Schritt 3: Kontrolle durch Tierschutzbeauftragte der Universität Bern

Die Tierschutzbeauftragten der Universität Bern überprüfen alle Anträge zur Durchführung von Tierversuchen. Dabei sind sie unabhängig von den Forschungsinstituten. Sie stellen sicher, dass die Gesuche vollständig und gesetzeskonform sind. Zur Unterstützung und für zusätzliches Feedback werden weitere Fachpersonen verschiedener Richtungen beigezogen. So beraten etwa Anästhesie-Expertinnen die Forschenden, wie sie die im Versuch verwendeten Tiere am schonendsten betäuben. Aufgrund der Rückmeldungen überarbeiten die Forschenden ihr Gesuch.

Schritt 4: Vorprüfung durch den Kanton

Wenn der Antrag nach entsprechenden Änderungen die interne Kontrolle überstanden hat, reicht die Abteilung Tierschutz der Universität Bern das Gesuch beim Amt für Veterinärwesen des Kantons Bern (AVET) für eine Vorprüfung ein. Das AVET kann eine weitere Überarbeitung des Gesuchs verlangen.

Schritt 5: Kantonale Tierversuchskommission gibt Empfehlung ab

Danach geht das Gesuch an die Tierversuchskommission des Kantons Bern. Diese besteht aus sechs Vertreterinnen und Vertretern der Universität Bern, des Inselspitals und Vetsuisse, drei Vertreterinnen des Tierschutzes, sowie einem Vertreter der Berner Tierärzte. Die kantonale Tierversuchskommission begutachtet das Gesuch, klärt offene Fragen mit den Forschenden und gibt schliesslich eine Empfehlung an das kantonale Veterinäramt ab: Annahme des Gesuchs, Annahme mit Auflagen oder Ablehnung. Neben der rechtlichen und fachlichen Einschätzung besteht das Kernstück dieser Empfehlung aus der ethischen Güterabwägung: Nur wenn die Kommission zum Schluss kommt, dass der erwartete Nutzen des Versuchs für die Gesellschaft grösser ist als das Leiden und die Verletzung der Würde der Tiere, empfiehlt sie das Gesuch zur Annahme.

Schritt 6: Entscheid durch den Kanton

Schliesslich fällt das Amt für Veterinärwesen des Kantons Bern (AVET) auf Grundlage der Empfehlung der kantonalen Tierversuchskommission den Entscheid. Das Bewilligungsverfahren dauert mehrere Monate.

Oberaufsicht durch den Bund

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat die Oberaufsicht über Tierversuche. Es prüft die Gesuche stichprobenmässig, kann zusätzliche Fragen stellen, Auflagen erteilen oder gegen einen kantonalen Entscheid Rekurs einlegen. Forschende können zudem den Entscheid des kantonalen Veterinäramtes anfechten. In diesem Fall prüft das BLV den Entscheid und kann Änderungen verlangen. Bei komplexen oder strittigen Fragen kann sich die Veterinärbehörde an die Eidgenössische Kommission für Tierversuche wenden.

Kontrollen laufender Versuche

Das kantonale Veterinäramt sowie die kantonale Kommission für Tierversuche können unangemeldete Kontrollen von Tierhaltungen, Laboratorien und laufenden Versuchen durchführen. An der Universität Bern sind zusätzlich die unabhängigen Tierschutzbeauftragten befugt, jederzeit unangemeldet Kontrollen durchzuführen. Verstösse gegen die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes können zu einem Verbot der Haltung, Zucht oder des Umgangs mit Tieren führen.

Hanno Würbel, Professur für Tierschutz der Universität Bern, hat mit seiner Forschung Grundlagen zur Verbesserung des Bewilligungsprozesses gelegt. Im Video spricht er über seine Erfahrungen. Quelle: BLV